Der Wille zur Veränderung
13. September bis 13. Dezember 2025
Eröffnung/Opening: 13. September 2025, 14 Uhr im Rahmen des/as part of the Rundgangs der SpinnereiGalerien
Christa Joo Hyun D’Angelo, Marc-Aurèle Debut, Jakob Ganslmeier & Ana Zibelnik, Kubra Khademi & Daniel Pettrow, Eric Meier
DE
„Früher dachte ich, es sei Frauensache, diese Angst vor Männern. Doch als ich anfing, mit Männern über Liebe zu sprechen, hörte ich wieder und wieder Geschichten über Angst von Männern vor Männern.“ (bell hooks, 2004)
Was ist ein Mann – und wer bestimmt, wie er zu sein hat? Dieser Frage möchte diese internationale Gruppenausstellung nachgehen. Sie rückt Männlichkeit ins Zentrum einer kritischen Auseinandersetzung: nicht als biologische Gewissheit, sondern als historisch gewachsenes, politisch aufgeladenes und kulturell wirkmächtiges Konstrukt.
Ausgehend vom berühmten Postulat der Philosophin Simone de Beauvoir (1908-1986) geht dieses Ausstellungsprojekt davon aus, dass – wie „die Frau“ – auch „der Mann“ nicht als Mann zur Welt kommt, sondern in der Gesellschaft „zum Mann gemacht“ wird. Der Titel zitiert den Essay „Männer, Männlichkeit und Liebe. Der Wille zur Veränderung“ der Autorin bell hooks (1952-2021), in dem sie die Notwendigkeit betont, Männer in feministische Veränderungen einzubeziehen. Die Soziologin Raewyn Connell liefert mit dem Konzept der „hegemonialen Männlichkeit“ eine theoretische Grundlage: Als „legitime“ Antwort auf das „Legitimationsproblem des Patriarchats“ stellt sie die dominante, aber instabile Form von Männlichkeit dar, von der selbst die meisten Männer ausgeschlossen oder ihr untergeordnet sind. Die untergeordneten Männlichkeiten verhalten sich komplizenhaft zur hegemonialen, um in einer Art „patriarchalen Dividende“ von den Vorteilen des Patriarchats zu profitieren. Insofern ist Männlichkeit nicht homogen – sie wird von Machtverhältnissen durchzogen, die auch entlang von ethnischer Herkunft, Milieu, Klasse, sexueller Orientierung und Alter wirken. Weitere gedankliche Anregungen gibt auch Michael Kimmels Soziologie des Zorns weißer Männer in den USA, die das erneute Erstarken männlicher Gewaltformen und des Widerstands gegen Veränderung beschreibt.
Die Ausstellung vereint internationale künstlerische Positionen, die patriarchale Strukturen sichtbar machen und hinterfragen. Es geht um Scham und Angst, um Hierarchien und Ausschlüsse – aber auch um das Potenzial für Veränderungen. Die Arbeiten reflektieren das Spannungsfeld von hegemonialer Männlichkeit, gesellschaftlicher Erwartung, emotionaler Sprachlosigkeit und queeren Lebensentwürfen. Sie zeigen, wie sich männliche Gewalt, Dominanz und Ausschluss reproduzieren – aber auch andere mögliche Männlichkeitsformen.
Als Teil der Ausstellung ist auch ein Artistic Reading Room geplant, der als Raum der Auseinandersetzungen und des Dialogs zum Thema funktioniert. Hier kann gelesen und diskutiert werden. Es finden Vorträge und Präsentationen statt. Ein Programm unserer Kunstvermittlung bietet dialogische Führungen sowie speziell konzipierte Workshops am Eröffnungswochenende und innerhalb von Schulprojekten an. „Der Wille zur Veränderung“ versteht sich als künstlerischer Beitrag zur Gegenwart: eine Einladung, starre Bilder zu hinterfragen – und neue sichtbar werden zu lassen. Sie schafft Möglichkeiten zum Austausch und Dialog.
EN
“Once upon a time I thought it was a female thing, this fear of men. Yet
when I began to talk with men about love, time and time again I heard
stories of male fear of other males.” (bell hooks, 2004)
What is a man—and who determines how he must be? This is the question this international group exhibition would like to explore. It places masculinity at the center of a critical debate: not as a biological certainty, but as a historically-grown, politically-charged and culturally-powerful construct.
Based on the famous postulate of the philosopher Simone de Beauvoir (1908-1986), this exhibition assumes that—like "the woman"—"the man" is not born a man, but is "made into a man" in society. The title quotes the book The Will to Change: Men, Masculinity, and Love by the author bell hooks (1952-2021), in which she emphasizes the need to involve men in feminist changes. The sociologist Raewyn Connell provides a theoretical basis with the concept of "hegemonic masculinity": as a "legitimate" answer to the "legitimation problem of patriarchy", it represents the dominant but unstable form of masculinity, from which even most men are excluded or subordinated. The subordinate masculinities are complicit with the hegemonic in order to benefit from the advantages of patriarchy in a kind of "patriarchal dividend". In this respect, masculinity is not homogeneous—it is permeated by power relations that also operate along lines of ethnic origin, milieu, class, sexual orientation and age. Michael Kimmel's sociological study of the anger of white men in the USA provides further intellectual inspiration, describing the reinvigoration of male forms of violence and resistance to change.
The exhibition brings together five international artistic positions that make visible and question patriarchal structures. It's about shame and fear, about hierarchies and exclusions—but also about the potential for change. The works reflect the tension between hegemonic masculinity, social expectation, emotional speechlessness and queer lifestyles. They show how male violence, dominance and exclusion reproduce—but also depict other possible forms of masculinity.
Included in the exhibition is an Artistic Reading Room, which functions as a space for discussion and dialog on the subject. Here you can read and discuss. There will also be lectures and presentations. "The Will to Change" sees itself as an artistic contribution to the present: an invitation to question rigid images—and to make new ones visible. It creates opportunities for exchange and dialog.
Gefördert durch/Funded by


Jirka Pfahl - geeg piper
13. September bis 13. Dezember 2025
Eröffnung/Opening: 13. September 2025, 15 Uhr im Rahmen des/as part of the Rundgangs der SpinnereiGalerien
DE
Preisträgerausstellung der 30. Leipziger Jahresausstellung
Der Leipziger Künstler Jirka Pfahl beschäftigt sich mit den Schnittstellen zwischen Original und Kopie, digital und analog, Programm und Produkt. Seit 2013 entwickelt er sogenannte Faltungen. Dabei handelt es sich um Serien gefalteter und geschnittener Papierbögen, die reliefartige Bilder aus sich wiederholenden Rhomben und Pyramiden ergeben. Die Wiederholung der Formen entstammt einem zuvor festgelegten Schema, gleich einem Algorithmus, das Pfahl manuell umsetzt. Dabei entsteht ein sichtbares Kunstwerk, das bereits als digitales Konzept bestand. Im Werk vereint sich die konsequente Umsetzung der Linie mit dem unkalkulierbaren Spiel von Licht und Schatten. Der Künstler schafft seine Werke im Zusammenspiel von Computertechnik und Handarbeit, gibt die Ordnungs- und Beziehungsregeln vor und legt die Reihenfolge und Positionen fest, aus welchen sich am Ende ein autonomes Gesamtbild ergibt.
Der Ausstellungstitel „geeg piper“ bezieht sich auf eine Wortschöpfung aus der internationalen Hackerszene und verweist auf Schattenseiten des Internets als vermeintlich offenen Tür zu einer besseren Welt.
Der Preis der 30. Leipziger Jahresausstellung 2024 wurde von der Sparkasse Leipzig, der Elke-und-Thomas-Loest-Stiftung und der Doris-Günther-Stiftung gestiftet und ist der Künstlerin und Kämpferin für Frauenrechte Philippine Wolff-Arndt (*1849 in Frankfurt am Main – †1940 in Paris) gewidmet.
EN
Show of the award-winning artist of the 30th Annual Leipzig Exhibition
Leipzig-based artist Jirka Pfahl works with the interface between original and copy, digital and analog, program and product. Since 2013, he has been developing what he calls "folds". These are series of folded and cut sheets of paper that produce relief-like images of repeating rhombuses and pyramids. The repetition of the shapes originates from a previously defined formula, like an algorithm that Pfahl manually implements. This creates a visible work of art that already existed as a digital concept. The work combines the strict implementation of line with the unpredictable play of light and shadow. The artist creates his works through the interplay of computer technology and hand craft, specifies the rules of order and relationship, and determines the order and positions from which an autonomous overall picture emerges in the end.
The exhibition title "geeg piper" refers to a neologism from the international hacker scene and refers to the dark side of the Internet as a supposedly open door to a better world.
The prize of the 2024 30th Annual Leipzig Exhibition was donated by Sparkasse Leipzig, the Elke and Thomas Loest Foundation and the Doris Günther Foundation and is dedicated to the artist and fighter for women's rights Philippine Wolff-Arndt (b. 1849 in Frankfurt am Main, d.1940 in Paris).

How to look at things again
13. September bis 13. Dezember 2025
Hans Aichinger, Sven Braun, Wolfram Ebersbach, Henriette Grahnert, Anna Haifisch, Franz Jyrch, Yvette Kießling, Julia Schmidt, Anija Seedler, Stefan Stößel
Diese Ausstellung ist eine Einladung zum wiederholten Hinsehen. Sie setzt die Präsentation einiger Gemälde, Zeichnungen und Objekte fort, die bereits in der Ausstellung „How to look at…“ (3. Mai bis 10. August 2025) zu sehen waren, ergänzt um ein paar neue Arbeiten. Mit Bezug auf ein Zitat aus dem berühmten Aufsatz „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (1935) des Philosophen Walter Benjamin (1892-1940) fragte jene Ausstellung nach der Rolle von Malerei in einer Welt, in der unser Sehen von reproduktiven Bildtechniken wie Fotografie und Film geprägt ist. Einige Arbeiten thematisierten Aspekte, die der Entstehung eines Bildes vorausgehen. Die Wahl des Ausschnitts, des Motivs und der Bildträger selbst waren Thema der Kunstwerke. Viele Werke arbeiteten sich an der Rolle der Fotografie und der Reproduktion ab und spielten mal mehr, mal weniger offensichtlich auf kunsthistorische oder popkulturelle Vorbilder an.
„How to look at things again“ macht einen Denkanstoß deutlicher, der bereits im Titel der Ursprungsausstellung angelegt war: 1946 veröffentlichte der New Yorker Maler Ad Reinhardt (1913-1967) in den Sonntagsausgaben einer New Yorker Zeitschrift eine Serie von über 20 Art-Comics, deren Titel alle mit „How to look at…“ begannen. In ironisch, bissigen Collagen thematisiert Reinhardt Aspekte das Avantgardekunstgeschehen seiner Zeit und grenzt sich vor allem von einem Kunstverständnis ab, das von der Malerei schöne, wiedererkennbare Abbilder erwartet. In seinen Comics wie „How to look at looking“ und „How to look at things again“ demonstriert er, dass es sich beim Sehen nicht um einen passiven Abbildvorgang, sondern um ein von Wissen und Ideen strukturiertes Erkennen handelt. Sehen selbst ist ein kreativer Prozess.
Diese Ausstellung zeigt eine Auswahl von Werken von Künstlerinnen und Künstlern, die mit Leipzig verbunden sind. Manche sind aktuell, andere stammen aus den vergangenen Jahrzehnten. Sie reichen von realistischen über abstraktere bis hin zu expressiven Darstellungsformen. In der veränderten Kombination laden sie ein, Neues zu entdecken und sich in der Wiederbegegnung tiefer auf die individuellen Bildwelten einzulassen.
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