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3. Mai bis 10. August 2025

Führungen:
Mittwoch, 6. August 2025, 17 Uhr mit anschließendem Gespräch

Hans Aichinger, Rozbeh Asmani, Sven Braun, Sebastian Burger, Wolfram Ebersbach, Jörg Ernert, Henriette Grahnert, Falk Haberkorn, Anna Haifisch, Franz Jyrch, Yvette Kießling, Corinne von Lebusa, Moritz Schleime, Julia Schmidt, Anija Seedler, Stefan Stößel, Matthias Weischer

Der Philosoph Walter Benjamin (1892-1940) fragte in seinem berühmten Aufsatz „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (1935) nach der Veränderung unserer Wahrnehmung durch neue Bildtechniken wie Fotografie und Film und hielt fest: „Der apparatfreie Aspekt der Realität ist hier zu ihrem künstlichsten geworden und der Anblick der unmittelbaren Wirklichkeit zur blauen Blume im Land der Technik.“ Mit der „blauen Blume“ entwendete er der Romantik ihr stärkstes Symbol für die Sehnsucht nach Erkenntnis. Er verwies darauf, dass Sehen sowohl von medialen Vorbildern als auch von Visualisierungstechniken so weit geprägt ist, dass wir uns fragen müssen, sehen wir wirklich das, was sich vor unseren Augen befindet, oder sehen wir nur unsere visuellen Erwartungen bestätigt. Zum Beispiel wollen wir häufig den Anblick von Natur genießen, um uns von etwas Wirklichem berühren zu lassen. Doch begegnen wir nicht gerade auch in diesen Momenten der Landschaft mit an Medienmotiven geschulten Erwartungen – und übersehen dabei das, was vor uns liegt selbst?

Diese Ausstellung ist eine Einladung zum Hinsehen am Beispiel von Malerei, einer Kunstform, die in Bezug auf die Erfassung der gegenwärtigen, medial durchdrungenen Welt häufig als unzeitgemäß betrachtet wird. Sie versammelt Werke von 17 Künstlerinnen und Künstlern, deren Wirken mit Leipzig eng verknüpft ist, und eröffnet einen Einblick in die Vielfalt zeitgenössischer Malerei. Sie reicht von erzählerischen Motiven und Landschaften über abstraktere und expressive Ausdrucksformen bis zu täuschendem Realismus. Kunsthistorische Vorbilder klingen manchmal mehr, manchmal weniger an. Nicht selten sind die Grundlagen des Bildermachens selbst und der Vergleich zu konkurrierenden Bildmedien Gegenstand des künstlerischen Nachdenkens. In der Ausstellung befinden sich einige Arbeiten aus anderen Gattungen, die diese Fragen fortführen.

Von Hans Aichinger (*1959 in Leipzig) werden vier Gemälde gezeigt, auf denen still verharrende Personen mit großer Genauigkeit realistisch und detailliert dargestellt werden – egal, ob langes glattes oder wuscheliges Haar, ob kurzer Flaum auf dem Schädel, Gelenkknochen oder Adern unterm Handrücken. Kleidungsstücke sind in ihrer Stofflichkeit erfasst, man meint ihre Oberflächen fast schon in den Fingerspitzen spüren zu können. Obwohl vordergründig alles sehr genau dargestellt ist, bleibt das Bildgeschehen rätselhaft. Ja, es verstärkt sich durch längere Betrachtung noch. Titel wie „Das Ritual“ (2014) oder „Die Wahrheitslüge“ (2023) eröffnen zwar weitere Bedeutungsschichten, erklären jedoch nichts, sondern verweisen wie Allegorien auf abstrakte Fragen. 

Farben sind für uns ein selbstverständlicher Bestandteil der Welt, wie die Luft zum Atmen. Wenn wir sie sehen oder benutzen, denken wir wenig über sie nach. Rozbeh Asmani (*1983 in Shiraz, Iran) präsentiert uns 72 Farben und Farbkombinationen, die auf den ersten Blick farbenfroh und bunt wirken. Manches könnte uns vertraut vorkommen. Vielleicht erinnert das Lila im ersten Rahmen an eine bekannte Schokolade? Der Lebensmittelriese Kraft Foods Schweiz Holding GmbH ließ sich diesen Farbton 1995 in Verbindung mit Schokolade patentieren. In Folge haben sich Firmen alle von Asmani gezeigten Farben als Teil ihres Marketings sichern lassen. Die Arbeit führt uns vor Augen, wie selbstverständlich Dinge des Alltags als Ressourcen für die Aufmerksamkeitsökonomie in Privateigentum verwandelt und im wirtschaftlichen Wettbewerb genutzt werden. 

Was bedeutet es, sich ein Bild zu machen? Auf den ersten flüchtigen Blick mögen sich die Werke von Sven Braun (*1968 in Karl-Marx-Stadt, jetzt Chemnitz) verweigern, seine Rahmen oder Leinwände erscheinen uns leer. Der Maler lädt uns ein, mit seinen Bildern und Objekten über die Dreiecksbeziehung zwischen uns (Subjekt), der abzubildenden Welt (Objekt) und dem Abbild nachzudenken. Dabei legt er gern falsche Fährten und nutzt das Repertoire an Täuschungen, wie sie die Kunstgeschichte hervorgebracht hat. In der Ausstellung sind die Trompe-l'œil-Bilder „Adaption #5“ (2004), „transparent“ (2006) und „Couvert“ (2015) sowie die Denkobjekte „Ausschnitt #3“ (2007) und „Ort“ (2005) zu sehen. Das Bild „Inventar II“ (2009) handelt von der Machtgeste des Zeigens. Interessanterweise gibt es kein historisches Dokument, das den Einsatz von Folterstühlen, wie dem hier dargestellten, zur Peinigung belegt. Vielmehr dienten sie auf Jahrmärkten als Schaustücke, um allein dadurch Angst und Respekt vor der Kirche und ihrer Inquisition zu erzeugen. 

Die sieben von Sebastian Burger (*1980 in Magdeburg) präsentierten Ölgemälde entstanden, als der Künstler für eine längere Zeit in New York City lebte und arbeitete. In reduzierten Grau- bzw. Blauverläufen, die in einigen der Bilder mit einem leuchtenden Gelb kontrastiert werden, lockt uns Burger in ein widersprüchliches Labyrinth von Bildräumen und -themen, die durch überblendete Bild-im-Bild-Kompositionen, Spiegelungen und Assoziationen entstehen. Mode, Konsumartikel und Bildzitate geben Hinweise auf Bezugssysteme zwischen Kunst und Underground, die die eigentümliche Dynamik aus Anziehungskraft und Verschlossenheit dieser verdichteten Bildwelten fortsetzen. Die rätselhaften Titel setzten das Spiel der Bedeutungen fort. 

Mit einer auf das Minimum reduzierten Skala von Schwarz und Weiß und den dazugehörigen grauen Mischtönen schafft Wolfram Ebersbach (*1943 in Zwickau) expressive Chiffren von Stadträumen wie zum Beispiel Straßen, Passagen, Brücken, Tunnel und Denkmalen. Die riesigen Hallen des Leipziger Hauptbahnhofs standen immer wieder im Fokus seines Interesse. Insbesondere die Fernweh-weckenden übermenschlichen Perspektiven der Glas- und Stahlkonstruktionen über den Gleisen variiert er mit wenigen, expressiven Pinsel- und Spachtelstrichen seit Jahrzehnten, wobei bei kaum einer Version die Reduktion so malerisch kompromisslos sein dürfte wie bei „Hauptbahnhof 4“ von 2019. 

Jörg Ernert (*1974 in Leipzig) lotet in seinen oft als Serien angelegten Bildmeditationen die Möglichkeiten von Räumen, Farbe und Licht in der Malerei aus. Dabei können für seine Bildfindungen Kletterhallen genauso reizvoll sein wie kunsthistorische Vorbilder. Die Ausstellung zeigt zwei großformatige Acrylgemälde, die auf fantastischen Architekturansichten von Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) beruhen. Der italienische Zeichner und Architekturtheoretiker Piranesi hatte in einer Serie von Kupferstichen, den sogenannten „Carceri“, seiner grenzenlosen Begeisterung für die Architektur der griechischen und römischen Antike Ausdruck verliehen. Ernert taucht Piranesis archäologische Fantasien unmöglicher Bauwerke in ein Farbspiel aus Licht, Dunst und Schatten.  

Die Gemälde von Henriette Grahnert (*1977 in Dresden) ziehen unsere Blicke mit eingängigen Motiven schnell in den Bann. Ebenso augenzwinkernd locken uns ihre Bildtitel wie „Drehorgel“ (2024), „Stille Post“ (2021) und „Fake wall“ (2020) in anspielungsreiche Bild- und Gedankenwelten. Bald erscheint auf den Bildern nichts mehr so wie im ersten Moment geglaubt. Mit hoher Finesse zitiert Grahnert alles von der Kinderkritzelei, über Motive aus Pop, Design und Alltag bis zur Kunstgeschichte. So konfrontiert uns die Künstlerin auf „Fake wall“ mit verschiedenen Ziegelrastern, die schnell ihren Charakter als Mauer verlieren. Vielleicht sind es doch nur Tapeten oder Ebenen auf dem Bildschirm – eher die Behauptung einer Mauer als ein echtes Bollwerk? In „Drehorgel“ explodiert eine Bildcollage aus Bildzitaten und Pinselschwüngen, die das Auge zu einem Interieur mit Tisch sortieren mag, aber die genauso gut, von Ein- oder Zweisamkeit erzählen könnte. 

Der Künstler Falk Haberkorn (*1974 in Berlin) arbeitet zwischen Bild und Text. Die Lecture-Performance „Watzmann / Vor einem Bild“ (2006) entstand zum Abschluss seines Fotografiestudiums in Leipzig. Der Text entwirft eine fiktive Bergwanderung entlang einer historischen Wasserscheide der Bildgeschichte: 1838 entstand mit Louis Daguerres „Ansicht des Boulevard du Temple“ das mutmaßlich erste technische Bild, auf dem Menschen zu sehen sind. Ein Jahr darauf wurde das neue Bildverfahren der Öffentlichkeit vorgestellt, und in der Folge verlor die bildende Kunst ihren Alleinvertretungsanspruch auf die Repräsentation von Welt. Haberkorn stellt Daguerres fotografischem Abbild gedanklich die Gebirgsansicht „Der Watzmann“ (1824/25) von Caspar David Friedrich gegenüber, der 1840 fast vergessen verstarb. Friedrichs Gemälde ist neben zwei flankierenden Fotografien in dieser Ausstellung als zeitgenössische Kopie zu sehen. 

The Artist ist die zentrale und bekannteste Figur in der Comicwelt von Anna Haifisch (*1987 in Leipzig). Diese melancholisch skurrilen Geschichten aus seinem Künstlerdasein erschienen zuerst als Webcomic bei Vice und seit 2016 in einer Folge von Comicbänden. Haifisch spielt hier mit den Klischees und karikiert in diesem Zuge Eitelkeiten und Ängste auf der Suche nach Anerkennung in der Kunstwelt. In dieser Ausstellung werden acht Vorzeichnungen für die „Ode an die Feder“ von 2021 gezeigt. Dabei handelt es sich um einen ungewöhnlichen Comic. Haifisch baut ihre Seiten wie Bühnenbilder und inszeniert die Geschichte in Akten eines Dramas, in denen The Artist die Höhen und Tiefen seines Erfolgs theatralisch durchleidet. Für die Arbeit an dem Comicband scannt die Künstlerin diese Tuschezeichnungen, um sie digital weiterzubearbeiten, zu kolorieren und mit Texten zu versehen. In der Ode bilden diese Zeichnungen den 2. Akt „Frieden“. 

Die Arbeit von Franz Jyrch (*in Cottbus) ist in den Zwischenräumen von Malerei, Installation und Performance angesiedelt. Leinwände, Keilrahmen und Farben sind hier nicht in erster Linie Transporteure von Bedeutungen, sondern werden selbst zu Akteuren. Bedeutung entsteht im Prozess und Dialog untereinander, in und mit dem Raum, meist indem Jyrch Vertrautes durch leichte Veränderungen ungewohnt erscheinen lässt. Das hier gezeigte, überdimensionierte Gemälde entstand wie viele Arbeiten der Künstlerin im Dialog mit dem Ausstellungsraum. Es liegt auf dem Industriefußboden und kann aus allen Richtungen betrachtet werden. Jyrch spielt mit dem Gemälde als Körper im Raum, das wir allzu gern aufs Zweidimensionale oder zur „Flachware“ reduzieren. An einer Kante lässt die Malerin die Leinwand ungespannt und unbemalt, sodass das Werk unvollendet und im Fluss bleibt.  

Ob Watt, Elbufer oder Regenwald – Yvette Kießling (*1978 in Ilmenau) sucht für ihre Bilder die direkte Auseinandersetzung mit der Natur. Auf der Suche nach ihren Motiven trotzt sie mit Geduld der Witterung und den Reisestrapazen. Die hier gezeigten kleinformatigen Ölbilder auf Papier entstanden im Usambaragebirge im ostafrikanischen Tansania, dass Kießling seit 2021 regelmäßig bereist. Ihre malerischen Impressionen sind aber keineswegs der Sehnsucht nach ursprünglicher Natur verpflichtet, sondern intensive Erkundungen von menschlicher Kultur geprägter Natur. So sind die Spuren des deutschen Kolonialismus in Tansania vielleicht nicht mehr offensichtlich, aber z.B. in Anpflanzungen der Deutschen gegenwärtig, um das kolonisierte Land und seine Menschen wirtschaftlich auszubeuten. Das große Gemälde „Kuhamisha mimea na ujuzi“ (2024, Deutsch: Das Verbringen von Pflanzen und Fähigkeiten) entstand in Kießlings Atelier aus Zeichnungen und Druckgrafiken, die sie digitalisiert bearbeitet ausdruckt und übermalt. 

„Sweet Dreams“, also süße Träume scheinen die Kabinettstücke von Corinne von Lebusa (*1978 in Herzberg an der Elster) zu versprechen. Samtig tupft die Malerin gedeckte Farben auf Finnpappe. Bildszenen und Figuren umreißt sie mit wenigen Tuschestrichen und kitzelt damit die Fantasie. Frauen sind meist eng, knapp oder gar nicht bekleidet. In einem doppelbödigen Spiel versucht die Künstlerin, uns die Rolle heimlicher Betrachtung zuzuweisen. Ob wir sie annehmen, liegt bei uns. Wirklich Anzügliches lässt sich nicht entdecken. Das Bild „Role Allocation“ (2018), also Rollenverteilung, spielt offensichtlich damit: Selbstverständlich geht es hier nicht nur um Stoff-, sondern auch um Geschlechterrollen. In Rollenspielen zwischen weiblichen und männlichen Bildzuschreibungen müssen wir unsere Position selbst suchen, was durchaus Unbehagen auslösen darf. Die rätselhaft lächelnden Frauen sind bei von Lebusa die Protagonistinnen des Bildgeschehens, während das männliche Personal wie Spielfiguren erscheinen. 

Die Bildgeschichten von Moritz Schleime (*1978 in Berlin) spielen in sich einer Untergrundkultur von Punk, Suff, Heavy Metal und Sexfantasien ab. Aus Musikmagazinen oder Underground-Comics entsprungene Mischwesen hausen im Sediment unserer Konsumgesellschaft; auf einer endlosen Suche nach Bedürfnisbefriedigung, Rausch und Liebe. Alles ist vergänglich! So wird das in Leder gekleidete, sich innig umarmende Pärchen in „Feuer & Flamme“ (2018) zum Vexierbild zwischen Rock’n’Roll und Höllensturz, das in einer Art pointilistischen Expressionismus und vorgeblicher Unbeholfenheit in Szene gesetzt wird. Perfektion scheut Schleime wie der Teufel das Weihwasser. Dabei offenbaren sich bei genauerem Hinsehen überraschende Details, die der vordergründigen Naivität des Dargestellten zuwiderläuft. Ein All-over von Toilettenschmiererei wie in „Fucking Einsamkeit“ (2015) funktioniert wie die alltagskulturelle Aufzeichnung eines Bewusstseinsstromes. 

Die Gemälde von Julia Schmidt (*1976 in Wolfen) entstehen im Sammeln, Kopieren und Verändern von Bildvorlagen aus Zeitschriften, Büchern und dem Internet. Diese können wie in „Still live (bowl, coin, bread)“ (2009) aus dem Fundus der Kunstgeschichte stammen, dessen Motiv das Ölgemälde „Römische Bettlerin“ (1857) des französischen Malers Edgar Degas abstrahiert. In Erscheinung einer Schwarzweißkopie thematisiert Schmidt das Gemälde und seine Reproduktionen. Doch oft sind ihre Motive so alltäglich, dass sie eigentlich nie in den Fokus unserer Aufmerksamkeit dringen, wie zum Beispiel ein Kartoffelsack oder ein Kleidungsetikett einer Onlinehandelsplattform. ubup steht für „used but precious“: gebraucht, aber wertvoll. Der ehemalige Markenname des Secondhandonlinehändlers könnte auch als Leitsatz für Schmidts Arbeit verstanden werden, mit dem sie zum Nachdenken über die Kreisläufe von Bildern und Waren sowie ihre kulturelle wie ökonomische Auf- und Abwertung anregt. 

Die Kunst von Anija Seedler (*1974 in Schlema) wandert zwischen Theatralem und Illustrativem und nimmt dabei alle möglichen Zwischenformen an. Wunderbare Bücher und zuletzt auch eine „Wind Opera“ gehören zu ihrem Schaffen. Mit großer Virtuosität setzt Seedler Spontaneität und Zufall präzise ein. Ihr Raum in der Ausstellung führt uns dabei zwei Pole ihrer Bildkunst vor Augen. Mit wenigen Strichen erweckt die Künstlerin in den neun gerahmten Tuschezeichnungen ein von Mythen und Volkssagen inspiriertes Personal aus Misch- und Zwitterwesen zum Leben. Dem stehen dichte Tuscheaquarelle auf Rohleinen gegenüber, in denen das Auge erst nach einigem Hinsehen und mit Hilfe der Titel statt informeller Farbdichte die Bildfiguren zu lesen lernt. In der Andeutung erwächst die erzählerische Kraft von Seedlers Figuren, die in uns paradiesische Fantasien entfachen können. 

Neben Gemälden in Öl, Acryl oder mit Textilfarben umfassen die Werke von Stefan Stößel (*1970 in Bad Salzungen) Film, Fotografie, Objektkunst oder Eigenwilliges wie Kartoffeldruck, Assemblage oder Pyrographie. Bei der wiederkehrenden Betrachtung zeigen sich sein großes handwerkliches Können und seine tiefe Kenntnis der Malerei- und Avantgardegeschichte. Seiner inhaltlichen wie formalen Präzision läuft die Banalität der Motivwahl fast entgegen. Neben Blumentöpfen haben es ihm Bananenkisten und Gemüsestiegen angetan, weshalb seine Kunst bereits in die Nähe der Popart gerückt wurde. Europaletten sind in seinen Bildern so allgegenwärtig wie in der globalen Logistik. Dabei reicht die Spannbreite ihrer Darstellung von der augentäuschenden Nachahmung bis zu stark abstrahierten Formen. Die fünf hier gezeigten Gemälde umfassen von der Veränderung von Fundstücken über Textilmalerei bis zur Komposition von mehreren bespannten Leinwänden sehr unterschiedliche Bildtechniken. 

Matthias Weischer (*1973 in Elte) führt uns in seinen Bildern häufig bühnenhafte Raumansichten vor. In ihnen werden Ornamente, Raumfluchten, Farbverläufe, Designzitate samt ihren Brüchen und fast spürbaren Oberflächen zu eigenständigen Protagonisten eines Objekttheaters. Für diese Arrangements schafft Weischer häufig Kulissen im Studio, vor denen seine Gemälde entstehen. Seit 2021 kommen zu den Medien Öl oder Eitempera auf Leinwand und Grafik sogenannte iPad-Paintings hinzu, von denen drei in dieser Ausstellung zu sehen sind. Sie entstehen am Tablet und werden dann als hochauflösende Pigmentdrucke auf Papier gebannt. Weischer schafft es in diesem digitalen Medium, dichte Farbwelten zu schaffen, die von sehr präzisen Darstellungen, wie beispielsweise Hagebuttenzweigen in Tonvasen über pastellkreideartige Formen bis zu pixeligen Kringeln reichen, die auf die digitale Herkunft verweisen. 

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In his famous essay “The Work of Art in the Age of Mechanical Reproduction” (1935), the philosopher Walter Benjamin (1892-1940) enquires about the change in our perception through new image-making technologies such as photography and film and states: “The equipment-free aspect of reality here has become the height of artifice; the sight of immediate reality has become an orchid in the land of technology”. In the German text, Benjamin uses the phrase “Blue Flower” instead of “orchid”. In doing so, he robs Romanticism of its strongest symbol of the longing for knowledge. He points out that seeing is so influenced by both media standards and visualization techniques that we have to ask ourselves, do we really see what is in front of our eyes, or do we just see our visual expectations confirmed? For example, we often want to enjoy the vista of landscapes in order to be touched by something real. But don't we also in these moments of the landscape encounter expectations trained by motifs from media, and lose sight of the landscape in front of us? But the statement goes much further: When do we really look closely and discover something new in our everyday lives that are so shaped by visual communication? 

This exhibition is an invitation to look at the example of painting—an art form that is often considered outdated in terms of capturing the current, media-permeated world. It brings together works by 17 artists whose art is closely linked to Leipzig and takes a look at the current diversity of possibilities. They range from narrative subjects and landscapes to more abstract and expressive forms to deceptive realism. Art-historical examples are sometimes more, sometimes less prominent. Not infrequently, the principles of image making itself and the comparison to competing visual media are the subject of artistic reflection. The exhibition also includes works from other genres that further these questions. 

In four paintings by Hans Aichinger (*1959 in Leipzig) silent people are depicted realistically and in great detail with great accuracy—whether with long, smooth or frizzy hair, whether with short fluff on their skulls, or joint bones or veins under the backs of their hands. Garments are captured in their materiality: you think you can almost feel their surfaces with your fingertips. Although on the surface everything is depicted very accurately, what we see remains enigmatic. This is reinforced by longer observation. Titles such as “Das Ritual” (The Ritual, 2014) or “Die Wahrheitslüge” (The Truthful Lie, 2023) open up further layers of meaning, but do not explain anything, rather behaving like allegories, referring to abstract questions. 

Colors are a natural part of our world, like the air we breathe. When we see or use them, we think little about them. Rozbeh Asmani (*1983 in Shiraz, Iran) presents us with 72 colors and color combinations that at first glance appear vivid and cheerful. Some might seem familiar to us. Perhaps the purple in the first frame is reminiscent of a well-known brand of chocolate? The food giant Kraft Foods Schweiz Holding GmbH patented this shade in connection with chocolate in 1995. Following this, all the colors shown by Asmani have been secured by companies as part of their marketing. The work shows us how, as a matter of course, everyday things are transformed into private property as resources for the attention economy and used in economic competition. 

What does it mean to make an image? At first glance, the works of Sven Braun (*1968 in Karl-Marx-Stadt, now Chemnitz) may refuse us—his frames or canvases appear empty. With his images and objects, the painter invites us to reflect on the triangular relationship between us (subject), the world to be depicted (object) and the image. He likes to lead us astray and uses the repertoire of deceptions that art history has produced. The exhibition shows the trompe l'œil paintings “Adaption #5” (2004), “transparent” (2006) and “Couvert” (Envelope, 2015) as well as the objects of thought “Ausschnitt #3” (Excerpt #3, 2007) and “Ort” (Place, 2005). The picture “Inventar II” (Inventory II, 2009) is about the play of power in showing. Interestingly, there is no historical document proving the use of torture chairs, such as the one presented here, for punishment. Rather, they served as showpieces at yearly fairs in order to create fear and respect for the Church and its Inquisition. 

The seven oil paintings presented by Sebastian Burger (*1980 in Magdeburg) were created when the artist lived and worked in New York City for a period of time. In reduced grey or blue gradients, which are contrasted with a bright yellow in some of the images, Burger lures us into a contradictory labyrinth of visual spaces and themes created by blended picture-in-picture compositions, reflections and associations. Fashion, consumer goods and visual quotations provide clues to reference systems between art and the underground, which continue the peculiar dynamics of attraction and caginess of these condensed pictorial worlds. The enigmatic titles continue the game of meanings. 

With a spectrum of black and white reduced to the minimum and the associated mixed grey tones, Wolfram Ebersbach (*1943 in Zwickau) creates expressive ciphers of urban spaces such as streets, passages, bridges, tunnels and monuments. The huge halls of Leipzig's main train station have repeatedly been the focus of his interest. In particular, over decades he has depicted variations of the wanderlust-inducing superhuman perspectives of the glass and steel structures above the tracks using a few expressive brush and palette knife strokes, with hardly any version being as painterly and uncompromisingly reduced as in “Hauptbahnhof 4” (Central Station) from 2019. 

In his visual meditations, which are often produced in series, Jörg Ernert (*1974 in Leipzig) explores the possibilities of spaces, color and light in painting. Climbing gyms can be just as attractive as art-historical archetypes for his pictorial inventions. The exhibition shows two large-format acrylic paintings based on fantastic architectural views by Giovanni Battista Piranesi (1720-1778). The Italian draftsman and architectural theorist Piranesi expressed his boundless enthusiasm for the architecture of Greek and Roman antiquity in a series of engravings, the so-called “Carceri”. Ernert immerses Piranesi's archaeological fantasies of impossible buildings in a play of color using light, haze and shadow.  

The catchy motifs in paintings by Henriette Grahnert (*1977 in Dresden) quickly captivate our eyes. Her equally cheeky titles, such as “Hurdy-Gurdy” (2024), “Stille Post” (Telephone Game, 2021) and “Fake wall” (2020), lure us into allusive visual and mental worlds. Soon, nothing in the picture appears as it was first believed to be. With great finesse, Grahnert cites everything from children's scribbling to motifs from pop culture, design and the everyday up to art history. For example, in “Fake wall”, the artist confronts us with various brick grids that quickly lose their character as walls. Maybe it's just wallpaper or levels on the screen—the proposition of a wall rather than a real bulwark? In “Hurdy-Gurdy” a visual collage of image quotations and brush strokes explodes, which the eye may sort into an interior with a table, but which could just as well tell of solitude or togetherness. 

The artist Falk Haberkorn (*1974 in Berlin) works between image and text. The lecture performance “Watzmann / Vor einem Bild” (Watzmann / Before an Image, 2006) was created at the end of his photography studies in Leipzig. The text outlines a fictional mountain hike alongside a watershed moment in pictorial history: Louis Daguerre's 1838 »View of the Boulevard du Temple« is believed to be the first technical picture in which people can be seen. A year later, the new image-making process was presented to the public, and as a result, the visual arts lost their claim to exclusive representation of the world. Haberkorn mentally juxtaposes Daguerre's photographic image with the mountain view “Der Watzmann” (1824/25) by Caspar David Friedrich, who died almost forgotten in 1840. Friedrich's painting can be seen alongside two accompanying photographs in this exhibition as a contemporary copy. 

The Artist is the central and best-known character in the comic world of Anna Haifisch (*1987 in Leipzig). These melancholy, absurd stories of his artistic existence first appeared as a web comic on Vice and in a series of comic books beginning in 2016. Haifisch plays with clichés and in the process caricatures vanities and fears during the search for recognition in the art world. This exhibition shows eight preliminary drawings for the “Ode an die Feder” (Songs to the Feather) from 2021. It's an unusual comic. Haifisch builds her pages like sets, and stages the story in acts like a drama in which The Artist theatrically suffers through the highs and lows of his success. To work on the comic book, the artist scans these ink drawings in order to further process them digitally, to color them and to provide them with texts. In the Ode, these drawings form the 2nd act, “Frieden” (Peace). 

The work of Franz Jyrch (*in Cottbus) is located in the spaces between painting, installation and performance. Canvases, stretchers and colors are not primarily transporters of meanings, but become actors themselves. Meaning arises in the process and dialogue with each other, in and with the space, mostly because Jyrch makes familiar things seem unfamiliar through slight changes. The oversized painting shown here, like many of the artist's works, was created in dialogue with the exhibition space. It lies on the industrial floor and can be viewed from all directions. Jyrch plays with the painting as a body in space, which we are all too happy to reduce to two dimensions or “flatware”. At one edge, the painter leaves the canvas unstretched and unpainted, leaving the work unfinished and in flux.  

Whether in the mudflats, on the banks of the Elbe or in the rainforest, Yvette Kießling (*1978 in Ilmenau) searches for a direct encounter with nature for her images. In search of her subjects, she patiently defies the weather and the stresses of travel. The small-format oil paintings on paper shown here were created in the Usambara Mountains in East African Tanzania, which Kießling has been visiting regularly since 2021. However, her picturesque impressions are by no means bound to the longing for pristine nature, but rather intensive explorations of nature shaped by human culture. Thus, the traces of German colonialism in Tanzania may no longer be obvious, but are present, for example, in the vegetation found there, once planted to exploit the colonized country and its people economically. The large painting “Kuhamisha mimea na ujuzi” (The Spending of Plants and Skills, 2024) was created in Kießling's studio from drawings and prints, which she digitally edited, printed and painted over. 

The showpieces of Corinne von Lebusa (*1978 in Herzberg an der Elster) seem to promise “Sweet Dreams”. The painter dots muted colors with a velvety texture onto cardboard. She outlines scenes and figures with a few ink strokes and thus tickles the imagination. Women are usually dressed scantily, in tight-fitting clothes, or not at all. In an ambiguous game, the artist tries to assign us the role of secret observation. Whether we accept this is up to us. Anything truly indecent isn't to be found. The image “Role-Allocation” (2018) blatantly plays with this: Of course, this is not only about fabric rolls, but also about gender roles. In role plays between female and male image attributions, we have to look for our position ourselves, which may well cause discomfort. The mysteriously smiling women are the protagonists of von Lebusa's images, while the male staff appear like toy figures. 

The pictorial stories of Moritz Schleime (*1978 in Berlin) are set in an underground culture of punk, drinking, heavy metal and sexual fantasies. Mixed beings originating from music magazines or underground comics live in the sediment of our consumer society, in an endless search for satisfaction of needs, intoxication and love. Everything is fleeting! In »Feuer & Flamme« (Fire & Flame, 2018), the intimately embracing couple dressed in leather becomes a picture puzzle between rock'n'roll and the descent into hell, staged in a kind of pointillist expressionism and ostensible clumsiness. Schleime shuns perfection like the devil shuns holy water. A closer look reveals surprising details that run counter to the superficial naivety of what's depicted. An all-over layer of bathroom graffiti as in “Fucking Einsamkeit” (Fucking Loneliness, 2015) functions like the everyday cultural record of a stream of consciousness. 

The paintings by Julia Schmidt (*1976 in Wolfen) are created by collecting, copying and modifying images from magazines, books and the Internet. These can come from the reserves of art history, as in “Still live (bowl, coin, bread)” (2009), whose subject abstracts the oil painting “A Roman Beggar Woman” (1857) by the French painter Edgar Degas. Through the appearance of a black-and-white copy, Schmidt addresses the painting and its reproductions. But often her subjects are so commonplace that they never become the focus of our attention, such as a potato sack or a clothing label of an online trading platform. ubup stands for “used but precious”. The brand name of the former second-hand online retailer could also be understood as a guiding principle for Schmidt's work, with which she encourages reflection on the cycles of images and goods as well as their cultural and economic appreciation and depreciation. 

The art of Anija Seedler (*1974 in Schlema) moves between the theatrical and the illustrative, taking on all possible intermediate forms. Wonderful books and, most recently, a “Wind Opera” are part of her oeuvre. With great virtuosity, Seedler uses spontaneity and chance precisely. Her space in the exhibition shows us two poles of her visual art. In the nine framed ink drawings, the artist brings to life with just a few strokes chimeric and hermaphroditic beings inspired by myths and folklore. This is contrasted with dense ink and pigment on raw linen, in which the eye only learns to read the pictorial figures after some looking and with the help of the titles instead of informal color density. The narrative power of Seedler's characters arises through suggestion, which can ignite paradisiacal fantasies in us. 

In addition to paintings in oil, acrylic or textile paints, the works of Stefan Stößel (*1970 in Bad Salzungen) include film, photography, object art or idiosyncrasies such as potato printing, assemblage or pyrography. Repeat observation reveals his high level of craftsmanship and his deep knowledge of the history of painting and the avant-garde. The banality in the choice of subject runs almost counter to his content and formal precision. In addition to flower pots, he was fascinated by banana boxes and vegetable crates, moving his art in the direction of Pop Art. Euro-pallets are as ubiquitous in his images as they are in global logistics. Their representation ranges from deceptive imitation to highly abstracted forms. The five paintings shown here include very different pictorial techniques from the alteration of found objects to textile painting to a composition from multiple canvases. 

Matthias Weischer (*1973 in Elte) often shows us stage-like spatial views in his pictures. In them, ornaments, spatial alignments, color gradients, design references including their disruption and almost perceptible surfaces become independent protagonists of an object theatre. For these arrangements, Weischer often creates sets in the studio, in front of which his paintings are created. Since 2021 so-called iPad paintings have been added to oil or egg tempera on canvas and graphics, three of which can be seen in this exhibition. They are created on a tablet and then captured as high-resolution pigment prints on paper. In this digital medium, Weischer manages to create dense worlds of color, ranging from very precise representations, such as rosehip branches in clay vases to pastel chalk-like shapes to pixelated curls that refer to their digital origin. 

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